Zukunftswald
Unterschönau
– ein Gemeinschaftsprojekt der Umweltstiftung Greenpeace und des Bergwaldprojekts e.V.
Die großflächigen Waldverluste in Deutschland zeigen, wie empfindlich vor allem naturfern bewirtschaftete Wälder auf die Klimakrise reagieren. Das gemeinschaftliche Projekt Zukunftswald Unterschönau der Umweltstiftung Greenpeace und des Bergwaldprojekts e.V. hat das Ziel, den degradierten Wald, der 2020 in Thüringen von den beiden Organisationen erworben wurde, nach Leitlinien der naturnahen Waldnutzung zu entwickeln. Damit werden eine ökologische Gesundung und ökonomische Aufwertung des Waldes angestrebt. Interessierten Waldbesitzer*innen, der Fachwelt und einer breiten Öffentlichkeit sollen so die Vorteile dieser nachhaltigen Wirtschaftsweise aufgezeigt und ein gesellschaftlicher Mehrwert durch die Erhaltung und Wiederherstellung der Ökosystemleistungen generiert werden.
Der Zukunftswald Unterschönau umfasst eine arrondierte Waldfläche von 200 ha im Mittleren Thüringer Wald westlich von Oberhof und nordwestlich von Unterschönau, einem Ortsteil von Steinbach-Hallenberg. Der Wald grenzt an den bekannten Weitwanderweg Rennsteig und ist geprägt von steilen Hängen und tief eingegrabenen Mittelgebirgsbächen. Die hier natürlich vorherrschenden Hainsimsen-Buchenwälder und Weißtannenbestände werden heute überwiegend von labilen Fichtenwäldern dominiert.
Der Thüringer Wald wurde durch die Jahrhunderte stark vom Menschen übernutzt, wodurch das Thüringer Mittelgebirge heute überwiegend von labilen Fichten-Monokulturen geprägt ist. Der systematische Abbau der Biodiversität, die zu intensive Holznutzung und die massive Befahrung der Böden durch schwere Maschinen haben eine Degradierung der Böden verursacht, die sich in starken Humus-und Nähstoffverlusten zeigt. Die überhöhte Wilddichte durch traditionelle Trophäenjagd, Kahlhiebe zur Holzkohlegewinnung, Reparationshiebe und Aufforstungen mit standortsfremder Fichte haben der Vitalität und der natürlichen Verjüngung des Waldes sehr geschadet. Die versauernde Nadelstreu und die anthropogenen Stoffeinträge aus Verkehr und Industrie belasten die Böden weiterhin. Die zu großen Rot- und Rehwildpopulationen verbeißen die bodenverbessernden Pionierbaumarten wie zum Beispiel die Eberesche und die standortheimischen Laubbäume.
Unser Wald zeigt die Folgen der Ausbeutung und Degradierung der Natur durch den Menschen. Die Klimakrise und die bedrohlichen Verluste der Biodiversität verschlechtern die natürlichen Lebensgrundlagen drastisch. Der naturferne Wald stirbt.
Mission
Naturnahe Waldnutzung lässt in der forstlichen Bewirtschaftung natürlich ablaufende Prozesse in den Waldökosystemen zu, anstatt gegen sie zu arbeiten. Das Konzept basiert auf Erkenntnissen langjähriger internationaler Studien und praktischer Erfahrungen. Diese zeigen, dass sich natürlich entwickelnde Waldgesellschaften stabiler und anpassungsfähiger sind. Die natürliche Dynamik führt zu ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Wäldern. Das Ziel ist ein naturnaher und anpassungsfähiger Dauerwald.
Das Waldentwicklungskonzept orientiert sich an folgenden waldökologischen Prinzipien:
> Wälder werden als komplexe Ökosysteme mit vielfältigen landschaftsökologischen Funktionen verstanden. Wälder sind sich selbstorganisierende und regulierende Systeme, die effizient mit Energie, Nährstoffen und Wasser haushalten.
> Naturnähe bedeutet eine Orientierung an Dynamiken in der Zusammensetzung und den Strukturen natürlicher Waldökosysteme: Naturwälder bzw. Urwälder dienen hierbei als Vorbild. Sie sind langfristig die risikoärmsten und produktivsten Erscheinungsformen des Waldes. Die natürliche Dynamik und ergebnisoffene Entwicklung wird zugelassen bzw. gefördert, um einen naturnahen, funktionstüchtigen und entsprechend wandlungsfähigen Dauerwald zu ermöglichen.
> Ausweisung von Referenzflächen (Lernflächen), auf denen keine Eingriffe stattfinden mit dem Ziel der Begleitung, Dokumentation und Bewertung der natürlichen Waldentwicklung.
> Erfüllung möglichst aller (landschaftsökologischen) Waldfunktionen (Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion) auf der Fläche. Angesichts der fortschreitenden Klimakrise müssen alle Maßnahmen die Funktionstüchtigkeit der Waldökosysteme dahingehend stärken, dass dessen Fähigkeit zur Rückhaltung von Wasser, Kühlung und Pufferung von extremer Witterung erhalten bleibt oder verbessert wird. Entsprechend haben Boden- und Wasserschutz sowie Anreicherung von toter und lebender Biomasse eine hohe (höchste) Priorität.
> Suffiziente Waldnutzung, d. h. sparsamer und pfleglicher Einsatz von forstlichen Maßnahmen (Minimumprinzip) sowie nachhaltige Nutzung der Holzvorräte. Die Leistungs- und Wirtschaftsziele des Waldes werden auf sein ökologisches Optimum ausgerichtet. So wird eine Übernutzung des Ökosystems verhindert.
Die Vision
Das Projekt Zukunftswald Unterschönau soll einen Beitrag leisten zu einem vertieften Verständnis von Waldökosystemen. Dieses soll forstliche Indikatoren (z. B. Biomassezuwachs, Kronenschluss) mit ökologischen Prozessen und Funktionen wie beispielsweise Vernetzung und genetische Information, Sukzession, CO2-Senkenpotenzial, Wasserspeicherung, Grundwasserneubildung, Biodiversität oder Kühlungseffekten verknüpfen, um Maßnahmen für eine nachhaltige Waldnutzung abzuleiten.
Das Bergwaldprojekt organisiert auch im Zukunftswald Unterschönau Projektwochen für Freiwillige und Waldschulwochen. Folgende Arbeiten werden im Rahmen der naturnahen Waldnutzung regeläßig durchgeführt: Bau von Wildschutzzäunen, Waldpflege, Bau von Jagdeinrichtungen, Steigbau, Maßnahmen zum Wasserrückhalt, Monitoring und Kartierungen, Biotoppflege und Saat und Pflanzung von nicht vorhandenen standortheimischen Baumarten.
Melden Sie sich zu einer Projektwoche im Zukunftswald Unterschönau an: