Wald

Fundament des Lebens

Naturnahe Wälder speichern und filtern Trinkwasser. Sie bieten Schutz vor Erosion, Hochwasser, Steinschlag und Lawinen. Sie kühlen und befeuchten die Landschaft, reinigen die Luft und speichern Kohlenstoff. Natürliche Waldgesellschaften sind Lebensgemeinschaften für unzählige Arten und deshalb für die Biodiversität von enormer Bedeutung. Sie sind Erholungsräume und wichtige Wirtschaftsgüter für den Menschen. Wälder sind unersetzbar.

Geschichte des Waldes

Während der langen Kaltzeiten in der Erdgeschichte war Mitteleuropa bis auf wenige lokale Waldsteppen aus frostharten Birken und Kiefern waldfrei. Nach dem Ende der letzten Eiszeit und dem Beginn des gegenwärtigen Zeitalters vor ca. 12.000 Jahren wanderten die Wälder aus ihren eiszeitlichen Refugien in die baumlosen, postglazialen Steppen Mitteleuropas zurück. Vor 7.500 Jahren wurden etwa 90 % der Fläche von gemischten Laubwäldern besiedelt, in denen sich die Rotbuche vor etwa 4.500 Jahren zur dominanten Baumart mit regionalen Unterschieden entwickelte.

Die intensivere Nutzung des Waldes durch den Menschen begann in Mitteleuropa mit der bandkeramischen Kultur in der Jungsteinzeit vor etwa 8.000–6.000 Jahren. Simultan zur verbesserten Werkzeug- und Arbeitsmittelherstellung entstanden Sesshaftigkeit in Dörfern mit Ackerbau und Viehhaltung, Haus- und Brunnenbau, immobilem Besitz und Vorratshaltung. Die Gewinnung von Holz als Baustoff und Energieträger sowie große Rodungen für Ackerflächen verursachten die ersten systematischen Zerstörungen von Wäldern durch Menschen. Der Waldanteil im heutigen Deutschland sank bis zur Zeitenwende zunächst auf ca. 90 %, in der zweiten Hälfte des Mittelalters dann rasant auf nur noch etwa 20 % der Landfläche. 
Die Zerstörung und Ausbeutung der Wälder setzte sich bis in das 18. / 19. Jahrhundert fort mit einem Waldanteil unter 10 %. Wegen der resultierenden wirtschaftlichen Nachteile konzipierte die Forstwirtschaft in Deutschland ab dem 18. Jahrhundert eine eindimensionale Nachhaltigkeit, die die Hiebsätze auf die jährlich nachwachsende Holzmenge einschränkte

Der heutige Waldanteil in Deutschland beträgt etwa 30 %. Die Flächenproduktivität wurde in den letzten 200 Jahren durch waldbauliche, technische und zuletzt industrialisierte Forstwirtschaft erheblich gesteigert. Die effizienzsteigernden Maßnahmen veränderten die natürlichen Strukturen der Ökosysteme. Flächenbiomasse und Biodiversität wurden im Vergleich zu den natürlichen Zuständen der Ökosysteme drastisch abgesenkt und die lange nicht bekannten Bodennetzwerke wurden durch starke Flächenfragmentierung mit Straßen, Wegen und Befahrungen beschädigt. Die resilienzgeschädigten Wälder sind permanent erheblichen Umwelteinflüssen durch den Menschen wie dem Eintrag chemischer Substanzen, insbesondere Sticksoff, Lärm- und Lichtverschmutzungen, Funkwellen und dem Eintrag invasiver Arten, vor allem Pilzen, u. v. a. mehr ausgesetzt.

Infolge der menschengemachten Klimakatastrophe kommen immer mehr Baumarten durch Hitzewellen und langanhaltende Trockenperioden an die Grenze ihrer Klimaresilienz. Unter diesen Bedingungen entwickeln sich immer häufiger Borkenkäfer-Kalamitäten. Die Käfer, die als Destruenten eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen, vermehren sich massenhaft und bringen alle Wirtsbäume zum Absterben. Zusätzlich wird die Naturverjüngung in vielen Wäldern seit Jahrzehnten durch hoch gezüchtete Schalenwildbestände stark dezimiert. 

Die massiven Waldschäden, die sich heute an 80 % aller Bäume zeigen, wurden ab den 1980 Jahren gesellschaftlich unter dem Begriff „Waldsterben“ thematisiert. Die Reduzierung der Emissionen von giftigen Industriegasen, die zunächst als Hauptursache angenommen wurde, konnte den Zustand der Wälder jedoch nicht verbessern. Mit Beginn der 2020er Jahre starben in verschiedenen Regionen zunächst naturferne Nadelbaumbestände großflächig ab. Die gesellschaftliche Debatte über eine nachhaltige Nutzung der Wälder wird seit über 40 Jahren geführt. Heute wird darunter häufig eine Nutzung verstanden, die sowohl biologische Vielfalt als auch Produktivität als auch Regenerationsfähigkeit der Wälder erhalten soll. Dies dürfte unter den realen Bedingungen und gesellschaftlichen Erwartungen weiterhin ungelöst bleiben.

Die Debatte anfänglich zur Vermeidung, heute nur noch zur Eindämmung der Klimakatastrophe wird seit über 50 Jahren erfolglos geführt.

Bedeutung für den Menschen

Naturnahe Wälder speichern und filtern Wasser, was sowohl für die Trinkwassergewinnung als auch für die Pufferung gegen Überschwemmungen wertvoll ist. Sie schützen Menschenleben und Infrastruktur vor Erosion, Steinschlag und Lawinen. Sie gleichen Temperaturen in der sie umgebenden Landschaft aus, bewässern diese und bremsen Bodenwinde ab. Sie filtern und befeuchten Luft und speichern Kohlenstoffe vor allem in ihren Böden. Natürliche Waldgesellschaften sind Lebensgemeinschaften für unzählige Arten, die auch mit der menschlichen Biozönose in vielfacher Wechselwirkung stehen. Sie sind unersetzliche Erholungsräume und können uns suffizient mit dem wertvollen Rohstoff Holz versorgen. Wälder waren schon immer unsere besten Kooperationspartner.

Wald und Klima in Wechselwirkung

Die Wälder binden CO2 aus der Atmosphäre bei der Photosynthese ihrer Vegetation und speichern den daraus gewonnenen Kohlenstoff z. T. als Wachstum der Pflanzen, vor allem aber im Waldboden. Diese Speicherprozesse benötigen Jahrzehnte. Naturnahe Wälder können langfristig viel mehr Kohlenstoff speichern als naturferne Plantagen. Je älter die Waldökosysteme werden, desto mehr Kohlenstoff speichern sie, vor allem wenn sie älter als 130 Jahre werden. Laubwälder speichern mehr Kohlenstoff als reine Nadelwälder. Wälder gleichen lokale Temperaturextreme in der Landschaft und in Städten aus.

Die weltweit weiter ansteigenden Treibhausgas-Emissionen und die dadurch verursachten Klimafolgen schaden den resilienzgeschädigten Wäldern aber vielfach. Unsere Emissionsmengen sind viel zu groß, um von den bestehenden Wäldern gebunden werden zu können. Erstaufforstungen auf zusätzlichen Flächen können die Klimakatastrophe nicht stoppen. Das können nur wir Menschen.

Die Lage des Waldes

Der Zustand des Waldes ist besorgniserregend. Die heimischen Wälder werden seit Jahrzehnten durch hohe Schadstoffeinträge aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft geschwächt. Neben den Primärschäden an Blättern und Nadeln versauern die Schadstoffe langfristig die Böden und schädigen das Feinwurzelsystem der Bäume. Die Auswirkungen der Erderhitzung wirken dabei als Katalysator. Durch die Folgen der Klimakrise (Trockenheit, Borkenkäfer, pathogene Pilze, Stürme und Starkniederschläge) sind seit 2018 über 600.000 ha Wald in Deutschland abgestorben, das sind über 5 % der Gesamtfläche. Diese Entwicklung wird sich verstetigen, da noch 56 % der Wälder in Deutschland aus klimalabilen Nadelbaumarten wie Fichte und Kiefer bestehen. Mängel in der fachlichen Praxis und Nichtbeachtung der Belastungsgrenzen der Ökosysteme wie z. B. die Übernutzung der Bestände und Bodenverdichtung haben die Waldgesellschaften seit Jahrzehnten geschwächt. Vielerorts verhindern hohe Schalenwildbestände (Rehe, Hirsche und im Gebirge Gamsen) und die Überdüngung der Wälder durch Stickstoffemissionen eine standortheimische Naturverjüngung der Wälder und schädigen so die Resilienz der Waldökosysteme weiter. 

Naturnahe Waldbewirtschaftung

Wälder leisten vielfältige ökologische Wechselwirkungen, die auch für Menschen unverzichtbar sind. Deshalb sollten wir jetzt alles dafür tun, die strukturellen Überlastungen der Waldökosysteme durch die industrialisierte Bewirtschaftung und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Wälder können sich nur langsam auf veränderte Umweltbedingungen einstellen. Dafür bieten naturnahe Waldgesellschaften die besten Voraussetzungen. Um die Artenvielfalt und Stabilität naturferner Forste zu erhöhen, sollten standortheimische Baumarten gefördert bzw. bei fehlendem Potenzial ergänzt werden. Extensivere Pflegeeingriffe und eine zurückhaltendere und bodenschonende Holznutzung tragen ebenso zu einer höheren Resilienz der Wälder bei. Zudem sollten mindestens 5 % der deutschen Waldfläche aus der Nutzung genommen werden, um in einem sinnvollen Verbundsystem aus den natürlichen Prozessen wichtige Rückschlüsse für die Wirtschaftswälder zu ziehen und Rückzugsräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu schaffen. 

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